Auseinandersetzungsvertrag zwischen Bosenheim und Bad Kreuznach (Wortlaut)

Die Eingemeindung von Bosenheim als Stadtteil von Bad Kreuznach wurde am 7. Juni 1969 durchgeführt. Durch den Eingemeindungsvertrag wurden die Einzelheiten dazu geregelt. Grundsätzlich ist dieser Vertrag sowohl für die Stadt Bad Kreuznach, als auch den Stadtteil Bosenheim bindend. Es kommt jedoch hier auch auf die Formulierung darauf an.

Nach einem Gutachten des Bundestags von 2013 haben Aussagen in einem Eingemeindungsvertrag eher rechtsverbindlichen Charakter (Seite 5 Punkt 2.2.2).

Zur zeitlichen Bindung des Vertrags ist folgendes festgehalten (Seite 5 Punkt 2.2.3)

(…) Hier gilt das vertraglich Vereinbarte: So können Zusagen befristet, bedingt oder unter einem Wirtschaftlichkeitsvorbehalt in den Vertragstext aufgenommen worden sein. Fehlen Einschränkungen dieser Art, ist nach wohl überwiegender Ansicht grundsätzlich eine unbegrenzte Geltung der Verpflichtungen anzunehmen.

Nach Punkt 2.2.4 können Klauseln im Vertrag jedoch als nichtig angesehen werden, wenn sie nicht unter einen Wirtschaftlichkeitsvorbehalt gestellt werden. Wenn also etwas versprochen wird, ohne dass die Gemeinde zukünftig eine Möglichkeit hätte die Lage je nach Finanzlage neu zu beurteilen (Seite 6 Punkt 2.2.4). Die Sache ist also nicht eindeutig und es gibt Gerichtsentscheidungen die sowohl pro als auch contra entschieden haben.

Eingemeindungsvertrag

Zwischen der Stadt Bad Kreuznach, gesetzlich vertreten durch ihren Oberbürgermeister, und der Gemeinde Bosenheim, gesetzlich vertreten durch ihren Bürgermeister, wird folgender Auseinandersetzungsvertrag geschlossen:

1 Name des Stadtteils, Weiterführung von Wappen

(1) Mit der Eingliederung der Gemeinde Bosenheim in die Stadt Bad Kreuznach führt der Stadtteil Bosenheim die Bezeichnung Bad Kreuznach-Bosenheim.

Den Einwohnern der Gemeinde Bosenheim wird gleichartige Behandlung wie den Einwohnern des übrigen Stadtgebietes ausdrücklich zugesichert.

(2) Im Stadtteil Bosenheim kann bei feierlichen oder sonstigen repräsentativen Anlässen das bisherige Wappen gezeigt werden.

(3) Vereine und gewerbliche Betriebe sind berechtigt, nach Auflösung der Gemeinde deren Wappen weiterzuführen.

2 Rechtsnachfolge

Mit der Eingemeindung in die Stadt Bad Kreuznach tritt diese in die Rechte und Pflichten der aufgelösten Gemeinde Bosenheim ein.

3 Fortgeltung von Ortsrecht und Erstreckung von Orts recht der aufzunehmenden Gemeinde

Das im Stadtteil Bosenheim am Tage der Eingliederung bestehende Ortsrecht kann nach dem 8.6.1969 außer Kraft gesetzt oder durch neues Ortsrecht ersetzt werden.

Abweichend von § 122 Abs. 2 Satz 1 des Landesgesetzes über die Verwaltungsvereinfachung im Lande Rheinland-Pfalz vom 10.1.1969 werden die für die Stadt Bad Kreuznach geltenden abgaberechtlichen Satzungen sowie Steuer und Hebesätze im künftigen Stadtteil Bosenheim bereits ab 1.1.1970 in Geltung gesetzt, ausgenommen die Hundesteuer, die Friedhofsgebühren, die Wiegegebühren und die Müllabfuhrgebühren für die Dauer der Laufzeit des Vertrages mit der Fa. Lang.

Die Hauptsatzung der Stadt Bad Kreuznach gilt mit der Auflösung der Gemeinde Bosenheim für den neuen Stadtteil.

 4 Bauleitplanung

Die rechtswirksam erlassenen Bauleitpläne sind zu vollziehen. Die in der Ausarbeitung befindlichen Bebauungspläne sind zügig weiterzuführen.

Änderungen sind im Benehmen mit dem Ortsbeirat zulässig, wenn es die Gesamtentwicklung der Stadt bedingt.

5 Hundesteuer und Wiegegebühren

(1) Die Hundesteuer wird bis zum 31. 12. 1972 nach den Sätzen des Rechnungsjahres 1969 erhoben. Vom 1.1.1973 bis 31.12.1979 wird eine Erhöhung über 40 DM für den 1. Hund, 72 DM für den 2. Hund, 96 DM für jeden weiteren Hund nicht vorgenommen.

(2) Die Wiegegebühren können vor dem 31. 12. 1979 nur im Einvernehmen mit dem Ortsbeirat erhöht werden.

6 Rechte der Einwohner

(1) Zur Sicherung des Bürgerrechts wird die Dauer des Wohnsitzes oder des Aufenthaltes in der aufgelösten Gemeinde auf die Dauer des Wohnsitzes oder des Aufenthaltes in der Stadt Bad Kreuznach angerechnet.

(2) Soweit die aufnehmende Stadt Bad Kreuznach Ehrungen vornimmt, sind Verdienste und Zeitabläufe der Bürger der aufgelösten Gemeinde zu berücksichtigen.

7 Ortsbezirk

Für den Stadtteil Bosenheim wird ein Ortsbezirk Bosenheim gebildet.

8 Ortsbeirat

Der Ortsbezirk Bosenheim erhält einen Ortsbeirat und einen ehrenamtlichen Ortsvorsteher nach Maßgabe der §§ 57 und 58 der Gemeindeordnung. Die Zahl der Mitglieder und seine Zuständigkeit werden in der Hauptsatzung geregelt, wobei die für die wichtigsten städtischen Ausschüsse übliche Mitgliederzahl nicht unterschritten werden soll. Die Mitglieder des Ortsbeirates, die nicht Mitglieder des, Stadtrates sind, erhalten eine Aufwandsentschädigung

wie Mitglieder städtischer Ausschüsse, die nicht Mitglieder des Stadtrates sind.

Der Ortsvorsteher wird auf Vorschlag des Ortsbeirates vom Stadtrat gewählt.

9 Übernahme von Bediensteten

Die Bediensteten der Gemeinde Bosenheim werden unter Wahrung ihres Besitzstandes in den Dienst der Stadt Bad Kreuznach übernommen.

10 Fortbestand gemeindlicher Einrichtungen

(1) Folgende Einrichtungen der aufgelösten Gemeinde sind weiterhin im Stadtteil Bosenheim zu betreiben bzw. zu unterhalten:

  • Kindergarten
  • Schwimmbad
  • Gemeindewaage und
  • Weinbergschutz

Die Benutzung dieser Einrichtungen ist den Einwohnern und sonstigen Berechtigten im Sinne des § 15 GO zu gewährleisten.

(2) Der Standort der Grundschule ist, soweit es die gesetzlichen Vorschriften zulassen, im Stadtteil zu belassen.

(3) Das Gemeindehaus der Gemeinde Bosenheim bleibt vorerst als Gemeinschaftshaus erhalten.

(4) Die im Stadtteil Bosenheim vorhandenen und noch sich bildenden Vereine erhalten etwaige Zuschüsse der Stadt in gleicher Weise wie die Vereine im bisherigen Stadtgebiet. Sie sind berechtigt, die kulturellen und sportlichen Einrichtungen der Stadt unter den gleichen Bedingungen zu benutzen wie gleichartige Vereine im übrigen Stadtgebiet.

(5) Die Kirmes im Stadtteil Bosenheim wird am 2. Sonntag im November abgehalten.

 

11 Durchführung beschlossener und geplanter Maßnahmen

(1) Die geplanten Maßnahmen der Ortsentwässerung und die im Anschluß an die Verlegung der Kanalleitungen notwendige Wiederherstellung der Straßendecken sind durchzuführen. Diese Maßnahmen sollen bis spätestens Ende des Jahres 1979 restlos abgeschlossen sein.

(2) Der Bau einer Friedhofskapelle mit Leichenhalle ist nach der vorliegenden Planung durchzuführen und fertigzustellen.

(3) Der geplante und im Haushaltsplan der Gemeinde Bosenheim für das Rechnungsjahr 1969 veranschlagte Einbau einer Umwälzanlage im Schwimmbad ist zügig durchzuführen.

(4) Der Ausbau landwirtschaftlicher Wirtschaftswege ist weiterhin zu fördern, insbesondere ist der Feldweg im Ellfeld in den nächsten Jahren auszubauen. Die Stadt Bad Kreuznach verpflichtet sich, den Antrag auf Gewährung von Landeszuschüssen für das Jahr 1970 zu stellen.

(5) Für die Ausführungen der unter vorstehenden Ziffern 1 – 4 genannten Maßnahmen sind künftig im Haushaltsplan der Stadt Bad Kreuznach Mittel mindestens in dem Umfange bereitzustellen, wie sie den derzeitigen Gewerbesteuereinnahmen der Gemeinde Bosenheim entsprechen. Sollten sich die Gewerbesteuereinnahmen aus den im Zeitpunkt der Eingliederung vorhandenen Gewerbebetrieben erhöhen, so ist dieser erhöhte Betrag zu berücksichtigen.

12 Verkehrsmäßige Erschließung

Die Stadt Bad Kreuznach hat im Rahmen ihrer Verkehrsbetriebe oder ihrer sonstigen Möglichkeiten für eine ausreichende, planmäßige Bedienung mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu sorgen.

13 Schlachtwesen

(1) Die Metzgereien der aufzunehmenden Gemeinde unterliegen bis zum 31.12.1979 nicht dem Schlachthauszwang.

(2) Hausschlachtungen können in der bisherigen Weise fortgesetzt werden.

14 Friedhofs- und Bestattungswesen

(1) Der bisherige Friedhof des Stadtteiles Bosenheim wird weiterhin aufrechterhalten. Erforderlichenfalls ist er zu erweitern.

(2) Die Vorschriften der Friedhofssatzung gelten bis 31.12.1979 unverändert weiter, es sei denn der Ortsbeirat schlägt eine Änderung vor.

15 Freiwillige Feuerwehr

Die in dem Stadtteil Bosenheim zur Zeit der Eingemeindung bestehende Freiwillige Feuerwehr wird in ihrem bisherigen Bestand als Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr

der Stadt Bad Kreuznach eingegliedert.

16 Jagdbezirk

Die aufnehmende Stadt Bad Kreuznach setzt sich dafür ein, daß der bisherige Jagdbezirk bestehen bleibt.

17 Fortführung gemeindlicher Veranstaltungen

Die Stadt Bad Kreuznach führt die von der Gemeinde Bosenheim mit der Gemeinde CRAMANT in der Champagne (Frankreich) geschlossene Partnerschaft fort und fördert sie weiter.

18 Förderung bestimmter Wirtschaftszweige

(1) Landwirtschaft und Weinbau sind in der bisherigen Form zu fördern.

(2) Für den Stadtteil Bosenheim wird weiterhin ein Feldschutz und die Weinbergshut durchgeführt.

(3) Ein Raum für die Milchsammelstelle wird weiterhin zur Verfügung gestellt.

19

Dieser Vertrag tritt nach Unterzeichnung der Vertragsparteien und nach Bestätigung durch die Bezirksregierung am 8.6.1969 in Kraft.

Bad Kreuznach, den 4.6.1969

Für die Stadt Bad Kreuznach

Fink, Oberbürgermeister

Bosenheim, den 4. Juni 1969

Für die Gemeinde Bosenheim

Mees, Bürgermeister

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